Die Reform von Heiko Maaß in der kritischen Betrachtung
Jeder 1000. Deutsche kämpft mit einer Überschuldung im Rahmen einer Privatinsolvenz. Die mehr als 80.000 Deutschen, die jedes Jahr mit einer Privatinsolvenz zu kämpfen haben, wünschen sich vielfach nur eines: Die schlimme Zeit hinter sich zu bringen. Justizminister Heiko Maaß wollte genau das erreichen, als er vor einigen Monaten das neue Privatinsolvenzrecht einführte. Die Bilanz allerdings ist bislang mehr als nur durchwachsen.
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Viele Monat ist es her, dass Heiko Maaß sich zu Aussagen wie „früher eine zweite Chance“ hinreißen ließ. Heute würde der Justizminister das wohl nicht mehr sagen, hat sich das neue Privatinsolvenzrecht in der Praxis doch eher als Luftnummer herausgestellt. Experten wie Stefano Buck, der als Fachanwalt bei Schultze & Braun arbeitet, erklärt das gegenüber dem Handelsblatt so: „Die Hürde für den schnellen Schuldenschnitt ist viel zu hoch“. Diesem Fazit schließen sich hierzulande auch die meisten Schuldnerberatungsstellen an. Bislang gibt es etwa kaum einen Inhaber eines Kontos ohne Schufa, der von den Änderungen wirklich profitiert hätte.
Ist die Schuldenfreiheit nach drei Jahren möglich?
Das Privatinsolvenzrecht gibt es in Deutschland seit 1999. Damals wurde die Einführung gefeiert als eine Entlastung für alle Schuldner. Dass eine solche Möglichkeit bei hoher Verschuldung zwingend notwendig war, daran zweifelt wohl niemand. Dass man sechs Jahre am Existenzminimum leben muss, ehe man irgendwann wieder ein normales Leben beginnen kann, das finden schon deutlich weniger Menschen angemessen. Auch deswegen entschied sich das Justizministerium unter Kontrolle der SPD dazu, eine Änderung des Privatinsolvenzrechts in ein Gesetz zu gießen. Nach nur drei Jahren sollen Menschen, die Privatinsolvenz anmelden mussten, wieder ein normales Leben führen können. Eine Alternative, die eine Schuldenfreiheit nach fünf Jahren möglich macht, wurde zusätzlich eingeführt.
Hürden für den Schuldenabbau zu hoch
Was auf dem Papier sehr gut klingt, ist für viele Menschen mit einem Konto ohne Schufa allerdings dennoch keine Alternative. Das liegt schlichtweg daran, dass die gesetzten Hürden deutlich zu hoch sind. Wer nach drei Jahren die Privatinsolvenz hinter sich lassen will, der muss mindestens 35 Prozent der Gläubigerforderungen zurückzahlen und darüber hinaus für die Kosten des Insolvenzverwalters und die Gerichtskosten aufkommen. Konkret sind das meist mindestens 50 Prozent der gesamten Schuldenlast. Wie die Betroffenen in so kurzer Zeit so viel Geld aufbringen, ist fraglich. Auch deswegen erwarten Experten, dass von der Neuregelung vermutlich nicht mehr als ein paar Dutzend Menschen pro Jahr profitieren können. Um diese Schwellen zu erreichen, kann nicht einmal ein Konto ohne Schufa helfen, denn auch wenn man eisern spart, ist es fast unmöglich, in so kurzer Zeit an so viel Geld zu kommen – den monatlichen Pfändungen sei Dank.
Hoffnung nach fünf Jahren
Realistischer erscheint da schon der zweite Teil der Neuregelung, der einen Schuldenabbau nach fünf Jahren ermöglicht. Hierfür liegen die Hürden deutlich niedriger, denn in diesem Szenario gilt es einzig, die sogenannten Verfahrenskosten zurückzuzahlen. Wenn man auf einem Girokonto ohne Schufa eisern spart, ist das zweifelsohne möglich – völlig unabhängig von der Jobsituation. Am Ende spart man sich so zwar nur ein Jahr an der Armutsgrenze, doch jeder Tag für einen Neustart in ein normales Leben ohne Schulden ist ein gewonnener. Wenngleich nicht in jeder Hinsicht sinnvoll, hat die Novellierung des Privatinsolvenzrechts zumindest eines gebracht: Hoffnung.
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